Rezensionen / Presse zu «Mannheim - New York. Auf der Suche nach dem magischen Riff»

Rainer Köhl, "Die Rheinpfalz", Mannheim, 16. Juli 2001

„Ein schräger kleiner Heimatfilm“

„Auf der Suche nach dem magischen Riff“ heißt der Dokumentarfilm in Untertitel. Auf diese Suche begibt sich der Film ohne Anspruch darauf, eine solch magische Tonfolge auch finden zu wollen. Auf eine Formel bringen lässt sich die Musik Mannheims ohnehin nur schwer. Ihr Kennzeichen ist gerade ihre Vielgestaltigkeit... Unikate wie Mani Neumeier mit seinem Hippie Festival in Finkenbach sind freilich das Salz in der Filmsuppe und bestätigen den Eindruck der Regisseurin, dass hier ein „schräger kleiner Heimatfilm“ herausgekommen ist.

Wesentlichen Anteil daran hat gerade Joy Fleming, deren ungeschminkte Sicht auf die Dinge von ebenso deftigen Anekdoten wie schön ungestellte persönlichen Ausnahmen begleitet wird.
Mit «Mannheim - New York» wollte die Regisseurin „keinen Lexikonfilm“ machen, drum blieb die Auswahl auf wenige, aber charakteristische beschränkt. Ganz gleich, ob Anke Helfrich sich in die Klaviertasten stemmt, die „Söhne Mannheims“ im alten Benz über die Landstrassen kurven oder Jule Neigel beim Soundcheck begleitet wird – es ist immer eine gewaltige Energie zu spüren, die in Musikern und Musik steckt. Athmospärisch dichte Aufnahmen der Stadt, Industrie- und Hochbrückenromantik, nächtliche Kamerafahrten durch den Regen und Weitblicke aus dem Fesselballon bilden die stimmungsvolle Klammer zischen den Porträts.

Markus Stricker, "Backnanger Kreiszeitung", 8. März 2002

Jenseits des Hollywood-Mainstreams

Mannheim, das neue Mekka der deutschen Musik? Wird da seitens der Medien an einem neuen Kult gestrickt oder ist da wirklich was dran an dem Mannheimer Modell? Die Regisseurin Dr. Elke Baur, Gewinnerin des Adolf-Grimme- Preises, ist der Frage auf den Grund gegangen und hat einen Dokumentarfilm über die lebendige Musikszene der Stadt im Rhein-Neckar-Dreieck abgedreht.

Mannheim der letzte Hort in der nicht gerade vor Kreativität sprühenden deutschen Musiklandschaft? Aber im Ernst, es steht nicht gut um die musikalische Szene hierzulande. Manchmal muss man sich schon fragen, wo unser Niveau abgeblieben ist. Wie kann es sein, dass der grottenschlechte Sladdi aus dem Container, der nicht mal seinen eigenen Namen sauber intonieren kann, sich wochenlang auf Platz Eins der deutschen Singlecharts festsetzt? Kann es angehen, dass man nur noch mit Blödelmusik à la Stefan Raab kommerziellen Erfolg erzielen kann?

Wir brauchen uns eigentlich nicht zu wundern, es gibt einfach kaum noch Städte, die über eine so genannte Szene verfügen. Sicherlich ist Stuttgart eine Hochburg des deutschen Sprechgesangs und Frankfurt die Bastion des Techno und Rave,aber Mannheim, Mannheim ist irgendwie anders. Liegt es an den starken Einflüssen der amerikanischen GI’s oder an den vielen Liveclubs, die jungen Künstlern ein Forum bieten? Mannheim ist eine Stadt, die Musiker beheimatet, die mit unterschiedlichen Stilen experimentieren, Neues schaffen und auch noch den nötigen Erfolg aufweisen können. Baurs Film ist kein Heldenepos, sie lässt Künstler wie Jule Neigel, Xavier Naidoo, Die Söhne Mannheims, Krautrocker Guru-Guru, Bluesröhre Joy Flemming oder Jazzgott Jochen Brauer zu Wort kommen, lässt sie über Musik und Visionen sinnieren, lässt sie tief nach den eigenen Wurzeln graben.

Es ist ein sehr ruhig, fast melancholisch gehaltener Film, der ohne Effekthascherei und schnelle Schnitte auskommt. Sicherlich ist der Titel etwas gewöhnungsbedürftig: «Mannheim - New York. Auf der Suche nach dem magischen Riff». Man kann Mannheim nicht mit dem Big Apple vergleichen, auch wenn Joy Fleming in dem nächtlich erleuchteten BASF-Arenal eine gewisse Ähnlichkeit mit der Skyline der Metropole am Hudson River zu erkennen glaubt. Und welcher Musiker ist nicht auf der Suche nach dem magischen Riff, nach der genialen Akkordfolge, nach dem Ton, der alles auszudrücken weiß?

Über den Titel lässt sich streiten, doch alles im allem ist Elke Baur ein bemerkenswertes Zeitdokument gelungen. Es ist ein privater Film, der wie ein langsamer Blues dahinfließt. Elke Baur ist es gelungen, den Menschen im Künstler darzustellen und eines ist erstaunlich: Mekka hin oder her, egal ob Jazzer, Blueser, Rocker oder Hiphopper jeder identifiziert sich mit seinem Mannem, mit einer Stadt, die irgendwie anders ist.

Gabriele Seil, „REVUE“, Luxemburg, 12. März 2002

Mit dem Blick aus dem Zug und Jule Neigel beim Soundcheck auf einer riesigen Open-Air- Bühne beginnt das Porträt der Mannheimer Musikszene. „Auf der Suche nach dem magischen Riff“ heißt der Film im Untertitel. Gefunden wird eine solch zauberhafte Tonfolge jedoch nicht. Nicht bei den Söhnen Mannheims“ und auch nicht bei Joy Fleming oder der „Indonesian Revival Band“. Dennoch fühlt man sich am Ende seltsam beschwingt und versteht, warum Xaivier Naidoo so gern in Mannheim lebt.“

 

Luxpost/Weekend, 22. März 2002

Diese Dokumentation kommt ganz ohne Dokumentarstimme aus. «Mannheim - New York» ist eine musikalische Fahrt durch die Wiege der deutschen Musikkultur und unterstreicht hervorragend die künstlerische Entwicklung, die eine Stadt wie Mannheim auszeichnet. Diese amerikanisierte Stadt, die seit Kriegsende von den in der Gegend stationierten GI’s zärtlich „Little America“ genannt wird, hat es wie keine andere Stadt in Deutschland verstanden, ihren Musikern und Interpreten dieses gewisse kleine Etwas einzuverleiben, das sie von den anderen Künstlern Deutschlands unterscheidet, die wohl einzigartige Magie des „Mannheim Sounds“. Eine Palette von multi-talentierten Künstlern hat sich auf der Suche nach dem magischen Riff in den Jazz Clubs und Piano Bars Mannheims und Umgebung herangebildet. New York ist nicht weit, schließen Sie ihre Augen. 

 

Rok, „Tageblatt“, Luxemburg 27. März 2002

Rockumentarfilm: Mannheim has got the Blues

Regisseurin Elke Baur macht nicht lange Fisimatenten, sie fährt uns schnurstracks mit dem ICE ins Rhein-Neckar-Dreieck, nach BASF-Stadt, gemeinhin als Mannheim begrifflich. Elke Baur lässt ihren Film unkommentiert, nur die Mannheimer stellen sich vor und kommen zu Wort. Wir begleiten die Fleming zum Familienbesuch, sehen Jule beim Proben zu. Je mehr Musik wir mitbekommen, desto klarer wird uns der Sound, der, ob Pop, Rock, Blues oder HipHop, für Mannheim sehr bezeichnend ist. Weitestgehend melodisch, weniger perkussiv, mit sinnlichen oder übersinnlichen Texten, oder aber von vorneherein abgedreht. In „Little America“ lernten die Mannheimer den Rock’n Roll kennen und begannen ihre eigenen musikalischen Experimente. Der resultierende Sound zieht sich wie ein roter Faden durch die einzelnen Generationen. Elke Baurs Dokumentation erlaubt einen abstrakten Blick auf die sich manifestierende Seele einer eigentümlichen Stadt.

Als musikalisches Dokument eines pulsierenden, lokalen Artistennests ist der Film jedenfalls sehenswert.

Günther Reinhardt „General Anzeiger“, Reutlingen 14. Juni 2002

Musikalische Schattendasein, Elke Baurs Dokumentarfilm: «Mannheim - New York»

Die Regisseurin Elke Baur hat dem Mannheimer Musikleben eine filmische Hommage gewidmet. Herausgekommen ist dabei ein Dokumentarfilm, der ganz ohne Kommentar auskommt und der einen Bogen von der Jazz-Pianistin Anke Helfrich bis zu den Deutschen Rappern Söhne Mannheims, von Popsirene Jule Neigel bis Krautrock Papst Manni Neumeier (Guru Guru) spannt. Wichtigste Protagonistin des Streifens ist aber Joy Fleming. „Sie diktiert den Film“ sagt Elke Baur. Die stimmgewaltige Fleming ist tough und selbstbewusst, aber war nie schön genug, um ganz nach oben zu kommen. Dadurch eignet sich die Sängerin hervorragend als Symbolfigur für Mannheim. Der mit Archivmaterial angereicherte Dokumentarfilm ermöglicht intime Einblicke in eine agile Musikszene, in der es viele Könner, aber kaum richtige Stars gibt.“

SIDE B